"Sonntagsgedanken" - geistliches Wort im Mümlingboten

Jede Woche erscheint seit 2021 ein kurzes geistliches Wort im Mümlingboten, das von den Pfarrern der ev. Kirchengemeinde Höchst, dem kath. Pfarrer der Pfarrgruppe Breuberg-Höchst sowie weiteren Personen abwechselnd geschrieben wird.

Ich schreibe in diesem Rahmen als Mitglied der Pfarrgruppe Breuberg-Höchst, in der ich ehrenamtlich im Pfarrgemeinderat, Verwaltungsrat, Gottesdienstbeauftragte (WGF), Kommunionhelferin, Kantorin und Lektorin mitarbeite.

2023:

Ausgabe 24.06.2023: Johannes - Vorbild für mich?

Am 24. Juni ist der Johannistag, der an die Geburt Johannes des Täufers erinnert. Wer war dieser Mann, der auch als Vorläufer Jesu bezeichnet wird?

Als Johannes geboren wurde, fragten sich viele: „Was wird wohl aus diesem Kind werden?“ (Lk 1,66). Er ist der einzige Heilige neben der Gottesmutter Maria, dessen Geburtsfest gefeiert wird.

Johannes, bereits zu seiner Zeit dafür bekannt, dass er kein Blatt vor den Mund nahm und diesen auch aufmachte, begegnet uns in den Evangelien als wortgewaltiger Prediger, der zur Umkehr aufrief und die Taufe zur Vergebung der Sünden spendete. Auch Jesus war unter den Menschen, die Johannes Reden zuhörten und sich von ihm taufen ließen (Lk. 3,21).

Johannes sagt seine Worte nicht nur daher, seine Worte haben Gewicht. Er mischt sich ein, es geht ihm um Wahrheit und Gerechtigkeit und er scheut nicht zurück, auch die Herrschenden zur Umkehr zu bewegen. Dieses Verhalten kostete ihm letztlich auch sein Leben.

Als Jesus sich von Johannes taufen ließ, weiß Johannes um die Bedeutung Jesu. Er weiß, dass Jesus der Messias ist und bezeichnet seine „Rolle“ als die eines „Vorhergesandten“. Wir feiern seine Geburt sechs Monate vor der Geburt Jesu, also mit Blick auf die Ankunft des Messias in unserer Welt.

Johannes kann aber auch heute noch Vorbild für uns sein. Auch in heutiger Zeit braucht es Menschen, die in der Gesellschaft aber auch in der Kirche ihren Mund aufmachen. Menschen, die Missstände anprangern und diese benennen.

Johannes macht uns aber auch deutlich, dass die Botschaft, die er verkündet wichtig ist und nicht er als Bote: „Ich bin es nicht wert, ihm die Riemen der Sandalen zu lösen“ (Lk 3,16). Wir alle kennen Erzählungen aus der Bibel, die uns die Botschaft Christi verdeutlichen, nach der wir leben und handeln sollten.

Im evangelischen Gesangbuch (141) findet sich ein Lied des Kantors Nikolaus Herman (1560) zum Johannestag, der alles wunderbar zusammengefasst hat:

Wir wollen singn ein' Lobgesang Christus dem Herrn zu Preis und Dank, der Sankt Johann vorausgesandt, durch ihn sein Ankunft macht bekannt. / Die Buß er predigt in der Wüst: ‚Euer Leben ihr bessern müsst, das Himmelreich kommt jetzt herbei, tut rechte Buß ohn Heuchelei!‘ / Man fragt ihn, ob er Christus wär. ‚Ich bin's nicht, bald wird kommen er, der lang vor mir gewesen ist, der Welt Heiland, der wahre Christ.‘ / Er zeigt ihn mit dem Finger an, sprach: ‚Siehe, das ist Gottes Lamm, das trägt die Sünd der ganzen Welt, sein Opfer Gott allein gefällt. / Ich bin viel zu gering dazu, dass ich auflösen sollt sein Schuh; taufen wird er mit Feu'r und Geist, wahrer Sohn Gotts er ist und heißt.‘ / Wir danken dir, Herr Jesu Christ, des Vorläufer Johannes ist; hilf, dass wir folgen seiner Lehr, so tun wir dir die rechte Ehr.“

Übertragen ins Hier und Jetzt gilt für jeden von uns: Nicht meine Person ist wichtig – vielmehr ist von Bedeutung, ob ich den Mund aufmache und wie ich handle zum Wohle meiner Mitmenschen.


Ausgabe 13.05.2023: Tradition begründen, bewahren und feiern ...

An diesem Wochenende steht Höchst ganz im Zeichen eines – zwar nicht „runden“ – Jubiläums: Unser Ort begeht das 70. Apfelblütenfest. Viele Schaufenster sind seit einiger Zeit mit Erinnerungen an frühere Feste liebevoll dekoriert.

Vor 70 Jahren wurde das Fest – so könnte man sagen – „aus der Taufe“ gehoben und keiner wusste damals, wie lange das Fest in den nachfolgenden Jahren gefeiert werden würde. Ja, unser Fest hat Corona überstanden.

So können wir an diesem Sonntag um 10.00 Uhr gemeinsam – mit allen Brüdern und Schwestern im Glauben, aber auch allen interessierten oder auch neugierigen Mitmenschen – auf dem Montmelianer Platz einen Gottesdienst feiern.

Das Apfelblütenfest steht am Beginn eines jeden Jahres, zu einer Zeit, in der sich die aufblühende Natur gegen den Winter durchsetzt.

Bei dem Apfelbaum, der zu den Rosengewächsen gehört, handelt es sich um einen kleinen bis mittelgroßen Baum, dessen Silhouette an die Form seiner Früchte erinnert. Der Odenwald rühmt sich der Vielfalt seiner Apfelsorten und es gibt hier etliche Keltereien. Die Blüte des Apfelbaumes fällt in den April und Mai und gibt damit den jährlichen Termin für das Apfelblütenfest vor.

Das Fest gibt aber auch Anlass zum Danken:

·       Für die vielen Jahrzehnte, in denen das Fest zu einer festen Institution im Jahreslauf geworden ist.

·       Für eine vor 70 Jahren begründete Idee, die mittlerweile Tradition ist und bewahrt werden sollte.

·       Für die vielen Beteiligten, denen das Fest am Herzen liegt und die es in eine Zukunft führen möchten.

Ein mildes Wetter während der Blüte lässt die Hoffnung auf eine gute Ernte zu. Doch das Wetter können wir nicht beeinflussen. Wir können aber dankbar sein für die Gaben, die uns gegeben werden im Laufe des Jahres.

Und an dieser Stelle können wir auch Gott für diese Gaben danken und für Vieles mehr und gemeinsam feiern. Vielleicht finden Sie am Sonntag den Weg morgens ins Festzelt zum gemeinsamen Danken und Feiern.

Schließen möchte ich mit einem irischen Segensspruch:

Wie Wolken, die sich am Himmel türmen, möge Dein Vertrauen in die Schöpfung wachsen.

Daraus möge sich das Gelingen für alle Deine Pläne und für alle Deine Wege ergießen. 

Ausgabe 04.03.2023: Bei SICH anfangen

Am zweiten Sonntag der Fasten- bzw. Passionszeit führt Jesus uns auf einen Berg, um zu offenbaren, wer er ist. Diese Offenbarung ist so bedeutend, dass drei Evangelisten davon berichten: Jesus steigt mit drei ausgewählten Nachfolgern auf einen Berg. Auf diesem geschieht mit Jesus eine Verwandlung: Sein Gesicht leuchtet wie die Sonne, seine Kleider werden so weiß wie das Licht. Und Jesus bleibt nicht allein, denn Mose und Elija kommen hinzu. Petrus ergreift das Wort, macht den Vorschlag, für Mose, Elija und Jesus eine Hütte zu bauen. Doch bevor sich jemand dazu äußern kann, ertönt eine Stimme aus einer leuchtenden Wolke: „Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören.“ Voller Angst werfen sich die Jünger auf den Boden. Jesus fasst sie an und sagt: „Steht auf und fürchtet euch nicht!“ Nun sehen die Jünger nur noch Jesus, der ihnen beim Abstieg gebietet, sie sollen das Erlebte für sich behalten, da die Menschen es noch nicht verstehen könnten.

Was kann uns dieses Evangelium heute sagen?

Der Glaube erleuchtet die Jünger. Sie sehen Jesus von Gott durch und durch erfüllt und begreifen, Jesus allein ist maßgebend. Somit fordert das Evangelium uns auf, unseren Glauben zu erkennen.

Glaube ist eine Erleuchtung – Glaube tappt nicht im Dunkeln, sondern er verleiht uns einen Blick, die Welt und uns richtig zu sehen.

Was ist zu tun?

Gehen wir auf eine Erlebnisreise unseres Glaubens und besuchen dazu unser Inneres. Kommen wir zur Ruhe und betrachten uns selbst.

Sind wir uns gram bzw. ärgern wir uns, müssen wir Frieden mit uns selbst schließen, manchmal auch uns selbst verzeihen.

Diese Reise sollten wir regelmäßig unternehmen. Dabei kommt unser wahres ICH zum Vorschein, und dieses wird strahlen, als wäre es auf einem Berg. So ein Strahlen oder Licht bleibt dann auch nicht verborgen.

Wenn diese Reise viele Menschen machen, dann wird dieses Strahlen – ihr Licht – immer größere Kreise ziehen und bleibt auch anderen nicht verborgen.

Das Licht strahlt von Innen – ohne unser Zutun. Wir sind nicht allein, viele sind mit uns auf dem Weg und haben bereits ihr Licht entzündet.

Schließen möchte ich mit einem Gebet eines chinesischen Christen:

Herr, erwecke deine Kirche und fange bei mir an.

Herr, baue deine Gemeinde und fange bei mir an.

Herr, lass Frieden überall auf Erden kommen und fange bei mir an.

Herr bringe deine Liebe und Wahrheit zu allen Menschen und fange bei mir an.

Es ist Fastenzeit – Passionszeit! Fange ich bei mir an!

Ausgabe 03.02.2023: Salz und Licht für andere sein

Im Evangelium für diesen Sonntag erweist sich Jesus als guter Pädagoge. Er zählt nicht auf, was wir alles falsch machen, maßregelt nicht. Nein, er fördert unser Selbstbewusstsein, indem er uns bestärkt und sagt: „Ihr seid das Salz der Erde! Ihr seid das Licht der Welt.“

Der Evangelist Matthäus schreibt sein Evangelium für die verfolgte junge Christengemeinde. Es war nicht leicht, den christlichen Glauben zu leben und ihn in der Öffentlichkeit zu bekennen. Die Jünger damals erhalten – wie wir heute – die Zusage, Licht der Welt und Salz der Erde zu sein. Durch die Worte Jesu bekommen Christen eine Kraft von innen, die ihnen von oben – vom Himmel – geschenkt ist.

Ein anderes Wort Jesu, vom Evangelisten Johannes überliefert, fällt uns da ein: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht in der Finsternis umhergehen, sondern wird das Licht des Lebens haben.“ (Joh 8,12)

In der Nachfolge Jesu werden wir zu Lichtträgern, denen keine Finsternis etwas anhaben kann. Symbolisch bringen wir dies durch das Entzünden der Taufkerze an der Osterkerze in der Tauffeier zum Ausdruck. In der Taufe wurde uns das Licht Christi geschenkt und so können auch wir Licht der Welt sein. Folglich ist es nun auch unsere Aufgabe für dieses Licht Sorge zu tragen, es am Leben zu erhalten.

Dies ist in der heutigen Zeit nicht mehr so einfach, denn manches Licht wird ausgelöscht oder lässt sich löschen. Es kostet Mühe, das Licht am Leben zu halten, die Flamme „mit Sauerstoff“ zu versorgen, damit es nicht erlischt.

Anders gesagt bedeutet dies, den christlichen Glauben lebendig zu halten, ihn durch Taten und Werke der Nächstenliebe Wirklichkeit werden zu lassen. Durch diese legen wir Zeugnis ab für unseren Glauben. Und durch diese können wir vielleicht zum Anstoß werden für unsere Mitmenschen, die sich zu fragen beginnen, warum tun sie dies oder das? So kann es möglich werden, dass ganz langsam und behutsam ein neues bzw. anderes Glaubenslicht entzündet wird.

Die frohe Botschaft vom heutigen Evangelium ist eine Ermutigung Jesu an uns, einmal darüber nachzudenken und sich zu veranschaulichen, dass auch ICH ein Licht für andere bin und Salz für die Erde sein kann. Sein Zuspruch lädt uns auch ein, das Gute um uns herum wahrzunehmen und das, was in seinem Namen geschieht. Tag für Tag – auch an uns durch andere.


2022:

Ausgabe 18.11.2022: Nicht um sich selbst drehen

Am Sonntag feiert die katholische Pfarrgemeinde Höchst ihr Patronatsfest: Christkönig.

Grund einmal auf das Fest am Ende des Kirchenjahrs zu schauen. Unter dem Eindruck des Ersten Weltkriegs und des Untergangs von Kaiser- und Königreichen in Europa setzte Papst Pius XI. 1925 das Christkönigsfest ein.

Nach dem Ende des Kriegs mit schlimmsten Verlusten und Opfern sowie den nachfolgenden Umstürzen kam mit dieser Botschaft ein wichtiges Signal von der Kirche. Sie ließ den Menschen wissen, es gibt einen, dessen Herrschaft nichts mit Pomp und Überheblichkeit zu tun hat, sondern einen, dessen Herrschaft Bestand hat: Christus, der in Einfachheit und Demut, aber dennoch machtvoll regiert durch alle Zeiten.

Seitdem ist ein Jahrhundert vergangen. Und wieder ist die Zeit schwierig. Seit Ende Februar sehen wir Bilder aus einem Krieg, der auf unserem Kontinent stattfindet. Wir alle merken die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen auf unterschiedliche Weise. Und was sehr befremdlich und überaus bedrückend ist, das ist der Ton der Menschen untereinander, der rauer und aggressiver geworden ist. Die Bereitschaft, sich solidarisch mit hilfsbedürftigen Menschen zu zeigen, schwindet.

Ist das eine notwendige Konsequenz aus den derzeitigen Zuständen? Muss das so sein oder geht es auch anders?

Ein Blick ins Neue Testament zeigt, es geht anders. Christus hat es uns gezeigt bis zur letzten Konsequenz – seinem Tod am Kreuz. Aber er ist nicht im Grab geblieben, sondern auferstanden und uns vorausgegangen. Seine Herrschaft kennt kein Ende – sie dauert ewig.

Christus lädt uns alle ein, uns an seinem Leben auszurichten, ihm zu folgen und neuen Mut zu gewinnen. Wir sind Kinder Gottes und in dieser Familie wird nicht nach unserer Herkunft gefragt, sondern ein jeder und eine jede sind wertvoll. Wir können unseren Nächsten mitnehmen und so zur Hoffnung werden, ihn dadurch Gottes Nähe spürbar werden lassen. Wir können zum Segen für andere werden, doch dazu bedarf es einem Gegenüber. Gehen wir wie Jesus unter die Menschen und lassen uns berühren. Mit einem Text von Helene Renner zum Christkönigsfest möchte ich schließen:

Lass uns an allen Tagen ohne Ende Lob und Preis dir sagen, du König und Herrscher uns liebevoll zugetan. Du zeigst uns den Weg, du führst uns durchs Leben, du bist unser Ziel, du leuchtest voran. Hilf uns zu glauben, lehr uns zu hoffen, stärk unsere Liebe, schenke uns Frieden.

Zu dir wollen wir finden, bei dir wollen wir bleiben, sei unser Hirte, führ uns zum Licht.

Ausgabe 21.10.2022: Die Anderen nicht vergessen

In den vergangenen Gottesdiensten haben wir für die diesjährige Ernte gedankt, die reicher ausfiel, als es auf Grund der Trockenheit im Sommer vermutet worden war. Für uns ein Grund zum Danken. Doch wird uns auch schmerzlich bewusst, dass mehr als 820 Millionen Menschen weltweit hungern. Vieles konnte in den vergangen Jahren durch internationale Hilfe bewerkstelligt werden. Zahlreiche Projekte der großen Kirchen, wie die Missionswerke missio und Adveniat oder Brot für die Welt geben hier Hilfe zur Selbsthilfe.

An diesem Sonntag hören wir das folgende Gleichnis Jesu (Lk 18,9-14): Zwei Männer, ein Pharisäer und ein Zöllner gehen zum Tempel hinauf, um zu beten. Der Pharisäer führt im Gebet seine Gesetzestreue an, grenzt sich bewusst von anderen ab und tut dies mit einer gehörigen Portion Selbstgefälligkeit. Der Zöllner hingegen spricht nur einen Satz: „Gott, sei mir Sünder gnädig!“

Es sind zwei ganz unterschiedliche Gebete. Das Gebet – unsere Beziehung zu Gott – ist das Fundament, auf dem wir als Christen stehen.

Dankbarkeit – z. B. für eine gute Ernte – und Demut – wie sie der Zöllner hat – sind Gestaltungsprinzi-pien, aus denen dann auch gelebte Solidarität erwächst. Die christliche Botschaft wird in vielen Erdteilen gelebt: in Europa, aber auch in Afrika, Asien und Ozeanien und anderen Kontinenten – also weltweit. Wir stehen alle auf einem Fundament und zu diesem gehört das verbindende Gebet für den Anderen.

Zurzeit liegt unser Augenmerk besonders auf dem Konflikt, den der Krieg in der Ukraine ausgelöst hat. Wie sich ein Krieg auf Grund der weltweiten Handelsverbindungen auswirkt, das erfahren wir in Europa derzeit durch Preisanstiege in vielen Bereichen und weltweit viele Millionen durch fehlende Nahrung.

Neben dem Gebet füreinander können wir auch im Rahmen der Projekte der Kirchen Solidarität üben. Schließen möchte ich mit der Segensbitte zum diesjährigen Weltmissionssonntag:

Dein Segen entfache in uns die Liebe, die über Grenzen hinweg verbindet. Dein Segen schenke uns Freude und Fantasie, wenn wir unsere Gaben im Alltag teilen. Dein Segen stifte Frieden in uns, wenn wir Vielfalt in Einheit zu leben versuchen. Dein Segen ermutige uns zum Neubeginn, wenn wir uns selbst überschätzen und andere gering achten. Dein Segen schenke uns Mut, voneinander zu lernen. Durch deinen Segen, der schöpferisch, liebend und ermutigend Zukunft und Hoffnung gibt, werden wir zum Segen.

Ausgabe 16.09.2022: Schöpfungszeit

Im Jahr 2007 wurde auf der 3. Europäischen Ökumenischen Versammlung in Sibiu/Hermannstadt die Empfehlung ausgesprochen, den Zeitraum vom 1. September (Beginn des orthodoxen Kirchenjahrs) bis zum 4. Oktober (Gedenktag des Franz von Assisi – röm.-kath., ev., anglikanische Kirche) als Zeit der Schöpfung zu begehen.

Das ist nun seit 15 Jahren so: Zeit innezuhalten zur Monatsmitte. Es ist Halbzeit.

In den vergangenen Wochen haben wir einen Sommer erlebt, der uns neben Sonnenschein und überaus warmen Temperaturen eines nicht beschert hat: Regen. Wie sehr konnten wir uns dann über den Regen freuen, der einer Erleichterung gleichkam. Trotz der doch guten Ernte in diesem Jahr, blicken wir besorgt auf die Schöpfung.

Mitten in diese Schöpfungszeit fällt ein Gedenktag: Am 17. September wird der Volks-Heiligen Hildegard von Bingen gedacht, der Äbtissin und Mystikerin. Hildegard stand vor fast 1000 Jahren mit berühmten Zeitgenossen wie Papst Eugen III. und Kaiser Barbarossa in regem Briefkontakt, aber auch das einfache Volk suchte Rat und Hilfe bei ihr. Hildegard war unerschrocken und nahm auch bei ihren regelmäßigen Predigtreisen kein Blatt vor den Mund. Bemüht, die Probleme der katholischen Kirche zu verringern, setze sie sich entschieden für die Erneuerung der Kirche im Glauben ein. Im Jahr 1867, also vor 165 Jahren, wurde in Eibingen das Hildegardisfest begründet, zu dem sich auch jährlich eine Pilgerschar aus dem Odenwald begibt.

Heute stehen eher Hildegards Werke über Naturkunde im Fokus der Betrachtung. Doch sollte ihr Wirken nicht darauf reduziert werden. Der Bezug zu Gott war für Hildegard immer sehr wichtig und damit verbunden auch der Bezug zum Kosmos und zu der Natur.

Die Bewahrung der Schöpfung ist heute ein Anliegen vieler Menschen. Von Hildegard können wir lernen, wie die Beziehung zu Gott, zum Kosmos und zur Natur sinnvoll miteinander verknüpft werden kann und auf eine solche Weise Erstaunliches zustande kommen kann.

So schreibt Hildegard:

„Ich strecke meine Hände zu Gott aus, dass er mich halte, so wie die Feder, frei von aller Schwere, vom Winde getragen fliegt. Ein Wind blies von einem hohen Berg und brachte mit seinem Wehen eine kleine Feder in Bewegung, die aus sich selbst keinerlei Fähigkeit zum Fliegen besaß, sondern diese nur durch den Wind empfing. Zweifellos veranlasste dies der allmächtige Gott, um zu zeigen, was er, durch ein Wesen, das von sich nicht das Geringste sich zutrauen würde, zu wirken vermag.“

Lassen wir uns auch vom Windhauch – Gottes Geist berühren und sehen vertrauensvoll in die Zukunft.

Ausgabe 01.07.2022: Ein jeder Mensch ist wichtig

„Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe“, so schreibt der Evangelist Lukas in seinem Text für Sonntag. Hier im Odenwald rund um Höchst und in der Unterzent kennen wir noch den Anblick von Schafen, die mal in einer kleinen Herde unterwegs oder auf Weiden zu finden sind.

Und ein weiteres Bild, das der Evangelist benutzt, können wir ebenfalls leicht nachvollziehen: „Die Ernte ist groß, aber es gibt nur wenig Arbeiter. Bittet also den Herrn der Ernte, Arbeiter für seine Ernte auszusenden!“

Mit diesen Bildern vor unserem geistigen Auge, redet Jesus im Text des Lukas weiter und sendet über 70 Jünger in die Welt hinaus. Ohne Reisegepäck sollen sie unter die Menschen gehen und das Evangelium – die Frohe-Botschaft – unter die Menschen tragen in aller Welt.

Sind die Jünger wirklich ohne Reisegepäck? – Auf den ersten Blick schaut es so aus, aber Jesus hat sie mit der Kenntnis der Frohen Botschaft ausgestattet, der friedvollen Umgangsweise mit dem Anderen und seinem Gebot der Nächstenliebe. Dieses Reisegepäck begleitete die Jünger.

Deutlich wird hier der Auftrag, die christlichen Gedanken in die Welt zu tragen. Das geschieht seit 2000 Jahren und – ob wir es nun wollen oder nicht – diese Lehre bildet die Grundlage, das Fundament, auf dem die Ordnung des Zusammenlebens in Europa gründet.

Auch wenn die den großen Kirchen angehörenden Mitglieder weniger werden, Menschen – die zu ihrem Glauben stehen, sich für diesen gegenüber Nichtgläubigen rechtfertigen müssen, – sind es diese Werte, nach denen alle Menschen hier ihr Leben leben.

Die Sendung, das Evangelium in die Welt zu tragen, stellt eine fortwährende Aufgabe der Gemeinde Jesu dar. Hier wird deutlich, dass wir den Glauben nicht ausschließlich allein leben können, sondern diesen nur in der Gemeinschaft erfahren. So ist es tragisch, wenn z. B. Eltern den Glauben nicht mehr an die nächste Generation weitergeben können. Wenn Aussagen kommen wie, „mein Kind soll sich mal entscheiden können, was es glauben will.“ Wie aber kann man sich entscheiden ohne Entscheidungshilfe? Wenn man keine Gemeinschaft erfährt und sich austauscht, gemeinsam Probleme aufzeigt und versucht zu lösen? Hier ist es der Dialog – das Wechsel-Gespräch, das gutes Zu- und Hinhören verlangt, um die Frohe-Botschaft zu leben.

Ein jeder Mensch, der diese Frohe-Botschaft im Herzen trägt, kann sie weitertragen und vorleben, ohne großes Dazutun. Er wird zum Vorbild, zum Halt für andere, ohne dieses vielleicht zu wissen. Er tut anderen Menschen gut.

Um ein gutes Zeugnis für Jesus abzulegen, genügt es, um den Beistand des Heiligen Geistes zu bitten.

Ausgabe 13.05.2022: Das Wohlergehen des Nächsten suchen

Das Evangelium am heutigen Sonntag steht bei Johannes (Joh. 13, 34-35). Dort steht geschrieben: „Ein neues Gebot gebe ich euch: Liebt einander! Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben. Daran werden alle erkennen, dass ihr meine Jünger seid: wenn ihr einander liebt.“

Dieser Text steht zu Beginn der Abschiedsreden Jesu. Jesus weiß bereits, was auf ihn zukommt. Er kennt seinen Weg und in dieser Situation formuliert er sein Testament: „Liebt einander“ und er begründet dies der Jüngerschaft: „Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben.“ Seine Nachfolgerschaft soll an dieser erkennbar sein.

Jesus führt uns vor Augen, dass Liebe mehr ist als danke zu sagen an Menschen, die uns Gutes getan haben oder tun. Vielmehr sucht die Liebe das Wohlergehen des Nächsten und das unabhängig von dessen Verhalten. Es gibt viele Beispiele aus der Zeit der Apostel, die ebenfalls ihre liebe Not mit diesem Testament Jesu hatten.

Es ist leicht, Menschen, die uns mögen, mit Gegenliebe zu begegnen. Aber was ist mit denjenigen, die uns nicht mögen?

Wenn uns als Christen das Wohlergehen unserer Nächsten am Herzen liegt, dann ist es auch möglich, Versagen und Schwächen unserer Mitmenschen aushalten zu können. Und wenn dann ein schlechtes Verhältnis wieder ins Reine kommen soll, dann tut es manchmal gut, ohne große Vorhaltungen oder Abrechnungen dem Gegenüber zu zeigen: mir ist ein gutes Verhältnis mit dir wichtig. So ein Ansatz kann befreiend für jeden Menschen wirken und eine verkorkste Beziehung neu beleben.

Dazu gehört eine Portion Mut, Menschenliebe und auch ein Zurücknehmen der eigenen Wichtigkeit.

Jesus hat uns diese Liebe vorgelebt: bei ihm bekam jeder Mensch eine zweite Chance, die er ergreifen konnte oder auch nicht. Die Freiheit sich für das Gebot Jesu zu entscheiden, steht bis heute jeder Christin oder jedem Christen offen. Und dort, wo Menschen sich liebevoll und mit Achtung begegnen, da kommt ein wenig mehr Heil in die Welt, Heil, das unsere Welt in dieser Zeit an allen Enden so dringend braucht.

 

Ausgabe 04.03.05.2022: Hosianna! - Kreuzige ihn!

An Palmarum (Palmsonntag) steht der Einzug Jesu in Jerusalem im Fokus, der von allen vier Evangelisten berichtet wird. Das bedeutet, dass diesem Ereignis eine besondere Aufmerksamkeit zuteilwird.

Jesus wird von einer Menschenmenge als der erwartete Messias mit Begeisterung und Jubel begrüßt. Hosianna ruft ihm die Menge zu. Die Menschen sehnen sich nach jemandem, der ihnen Hoffnung und Kraft gibt, ihr Schicksal zu tragen und zu ertragen. Jesus reitet auf einem jungen männlichen Esel, auf dem noch keiner zuvor geritten war, ein Hinweis darauf, dass dieses Tier in besonderer Weise der Würde des Messias entsprach. Jesus demonstriert mit seinem Einzug nicht Macht und Gewalt, sondern Demut. Er unterstützt nicht die Vorstellungen der Menschen, die Wunder erwarten. Dies führt zu Enttäuschung und Kritik. Die Stimmung schlägt um. Und so kommt es nur kurze Zeit später zu dem Ruf: Kreuzige ihn!

Die damaligen Autoritäten in Jerusalem sahen in Jesus den Volksaufwiegler und Gotteslästerer, der sich keiner Macht unterwirft, weil er nur die Macht Gottes anerkennt.

Jesus geht seinen schweren Weg im Vertrauen auf seinen himmlischen Vater und dessen Liebe, die ihm die Kraft gibt, das alles durchzustehen. Die Höhen und Tiefen, die er durchlebt, durchlebt er im Vertrauen auf Gott und seiner immerwährenden Liebe.

Richten wir den Blick auf uns und unser Heute. Wie bekannt kommt uns dieses Verhalten vor. Wie oft geschieht es, dass umjubelte Menschen nach enttäuschter Erwartung fallen gelassen werden.

Wie oft geschieht es auch jedem einzelnen von uns, dass er sich fallen gelassen und allein gelassen fühlt? Auf wen kann ich mich verlassen oder bin ich bereits verlassen?

Hier ist es das Vertrauen auf Gott und seine Liebe. Durch dieses Gottvertrauen kann auch ein Jeder und eine Jede von uns eine schwere Zeit durchstehen.

Aus der persönlichen Rückschau gesehen, hat jeder Mensch bestimmt schon einmal erfahren, dass ihm in schwierigen Situationen und Lebenslagen die Kraft geschenkt wurde, durchzuhalten, diese Zeit zu überstehen und manchmal sogar gestärkt daraus hervorzugehen. Ein Mensch, der an Gott glaubt und auf Gott vertraut, kann hier sein Handeln an ihm sehen und Gottes Liebe spüren.

Die kommende Woche, die Karwoche (Heilige Woche), bringt ein Wechselbad der Gefühle: vom Jubel an Palmsonntag geht der Weg weiter über Angst und Trauer zu auf Ostern. In dichter Fülle erleben die Menschen, die diese Woche bewusst im christlichen Glauben gehen ein Auf und Ab wie im richtigen Leben.

Ausgabe 25.02.2022: Talentsuche

An diesem Sonntag stehen Worte Jesu im Mittelpunkt, die er an die wartenden Menschen richtet. Dabei spricht er in Gleichnissen zu ihnen. Im Vordergrund steht die Aufforderung Jesu an seine Zuhörerschaft, sich selbst zu prüfen, Schwächen zu erkennen und an diesen zu arbeiten, bevor man anderen Hilfe anbietet oder sie anderen aufdrängt.

Jesus benutzt weitere Beispiele, wenn er sagt: „Es gibt keinen guten Baum, der schlechte Früchte bringt, noch einen schlechten Baum, der gute Früchte bringt. Denn jeden Baum erkennt man an seinen Früchten: Von den Disteln pflückt man keine Feigen und vom Dornstrauch erntet man keine Trauben.“ Diese Verse zeigen, wie wichtig es ist, die Voraussetzungen zu klären. Diese können dann die Enttäuschungen bei zu hohen Erwartungen oder auch vorschnellen Verurteilungen vorbeugen. Bei einem Baum dauert es manchmal Jahre, bis er gute Früchte bringt, während eine Distel nur eine Distel bleibt. Aber auch eine Distel kann unter ihresgleichen einen besonderen Platz einnehmen.

Im übertragenen Sinne bedeutet dies: Gott hat keine Lieblinge, sondern Gott sucht Verbundenheit, Freundschaft und Gemeinschaft mit jedem Menschen. Es bedeutet aber auch, dass Gott jedem Menschen Talente oder anders ausgedrückt ganz besondere Fähigkeiten gegeben hat, die er zum Wohle anderer einsetzen kann. Hier ist es an uns, diese Gaben zu erkennen und auch einzusetzen. Das geht nicht im Verborgenen, sondern dazu bedarf es des Mutes, nach außen zu gehen. Jesus ruft immer wieder dazu auf, tatkräftig ans Werk zu gehen, um Gutes zu tun.

Wir können auf vielfältige Weise unsere Fähigkeiten einsetzen, andere an diesen teilhaben lassen und auf unseren Weg mitnehmen.

Nach diesem Wochenende, an dem die Narren – verhaltener als sonst – die letzten Karnevalstage feiern, blicken wir auf eine Zeit nach Aschermittwoch, die Fasten- bzw. Passionszeit. Eine Zeit, in der es viele Vorsätze gibt. Vielleicht bleibt da auch Zeit, einmal über seine eigenen, Gott gegebenen Fähigkeiten nachzudenken und sich zu fragen: Wie kann ich meine Talente einsetzen? Wen kann ich begeistern, diese mit mir zu teilen? Lass ich mich von Gott berühren? …

Jesus beendet seine Rede mit den Worten: „Denn wovon das Herz überfließt, davon spricht sein Mund.“

Ausgabe 07.01.2022: Gemeinsam unterwegs

Uns allen ist die Geschichte von den Sterndeutern (Mt. 2,1-12) aus dem Morgenland bekannt, die sich auf den Weg gemacht hatten, um den neugeborenen König der Juden zu suchen. Sie machten sich auf den Weg in einer kleinen Gruppe. Dabei wurden sie von einem Stern geführt, dem sie folgten und gelangten nach Jerusalem, der Stadt, in der König Herodes regierte. Dieser wusste nichts von einem neugeborenen König, fürchtete jedoch um seine Macht. Die Sterndeuter waren jedoch beharrlich, sie fragten sich durch und geführt vom Stern erreichten sie ihr Ziel.

In einem Stall fanden sie schließlich das von ihnen gesuchte Kind mit seiner Mutter. Sie fielen vor dem Kind nieder und huldigten ihm, oder anders ausgedrückt, sie erwiesen ihm die Ehre.

In diesen Tagen erinnern uns die Sternsinger, die von Haus zu Haus gehen und den Segen bringen, an diese biblische Geschichte. Kinder machen sich als Hl. drei Könige mit einem Sternträger auf den Weg, um für andere Kinder zu sammeln. Die Kinder gehen in kleinen Gruppen, wie die Sterndeuter.

Auch wir Christen und Christinnen sind unterwegs ein Leben lang, begleitet und geführt von Gottes Geist. Auch wir fragen nach dem Weg, suchen wie die Sterndeuter den Weg und lassen uns leiten.

Jeder und Jede kann den Weg alleine gehen, doch es ist gerade die Gemeinschaft von Gleichgesinnten, die diesen Weg des Lebens bereichern können. In der Gemeinschaft Hochfeste zu feiern, sich auszutauschen oder in ein strahlendes, trauriges oder fragendes Gesicht zu sehen, ein Gegenüber zu haben, das auf ein Wort reagiert, ist ein Geschenk. Und auf ein solches Geschenk sollten wir nicht verzichten.

Hier können wir von den Sterndeutern lernen. Sie waren in einer Gruppe Gleichgesinnter unterwegs, sie hatten ein Ziel und sie ließen sich leiten.

Lassen auch wir uns leiten, nicht als Einzelkämpfer, sondern als Geschwister im Glauben, auch wenn wir Konfessionen und Traditionen im Reisegepäck haben, so haben wir doch alle ein Ziel. Das älteste Glaubensbekenntnis von Nicäa, aus dem Jahr 431, endet mit den Worten: „Wir bekennen die eine Taufe zur Vergebung der Sünden. Wir erwarten die Auferstehung der Toten und das Leben der kommenden Welt.“ Und auch hier findet sich im griechischen Original die Wir-Form, ein Ausdruck der Gemeinschaft.


2021:

Ausgabe 26.11.2021: Achtsames Warten

Am 1. Advent stehen sieben Verse aus der endzeitlichen Rede Jesu im Vordergrund (Lk 21,25-28 u. 34-36), die in allen drei Evangelien erhalten sind. Der Blick wird auf das erneute Kommen Jesu gerichtet.

Wir sind es heute nicht mehr gewohnt, uns mit dem Wiederkommen Jesu auseinanderzusetzen. Wir verdrängen dies gekonnt und überhören dabei auch die gegebenen Ermahnungen. Dabei geht es nicht um Angstmacherei, sondern um das Nähren der Hoffnung: die Erlösung ist nahe.

Jesus warnt vor einem arglosen in-den-Tag-leben. Vielmehr hat sein Wiederkommen bereits Auswirkungen auf unser Leben jetzt und er rät uns: „Wachet und betet.“

Nach fast zwei Jahren mit Covid-19 wird unser tägliches Leben von immer neuen Ängsten und Unsicherheiten heimgesucht. Wohin wird uns diese Zeit führen? Wird es jemals wieder eine „Normalität“ geben, wie wir sie vor Jahren glaubten zu haben?

Die kommenden Wochen im Advent gestalten wir Menschen bewusst. Wir haben Vorsätze, wollen zur Ruhe kommen, schaffen uns eine angenehme Atmosphäre mit Kerzen, Punsch und Gebäck – lassen die Seele baumeln.

Viele Christen und Christinnen nutzen diese Zeit auch, um sich mehr auf Jesus auszurichten. Und Jesus ruft uns zur Wachsamkeit und zum Gebet auf. Wachsam bedeutet: seid aufmerksam, achtsam, ganz bei der Sache oder ganz Ohr.

Versuchen wir unser eigenes Leben mit Jesu Augen, mit den Augen Gottes anzusehen. Wachen wir auf aus dem Schlaf der Sicherheit und leben wir bewusst. Im Advent können wir innehalten und uns neu ausrichten, neu verorten.

Wie die Adventszeit in diesem Jahr aussehen wird, ist ungewiss. Die uns lieb gewordenen Adventsmärkte mit ihren Begegnungsmöglichkeiten fallen womöglich aus oder werden eingeschränkt. Für viele Menschen eine Möglichkeit weniger, anderen zu begegnen.

Hier ist jede und jeder gefragt, erneut kreativ zu sein. Was kann ich tun, um Begegnungen zu ermöglichen – ein Telefonat, eine Karte als Zeichen der Verbundenheit …

Gehen wir durch den Advent, offen für Gottes Wort, getragen von seiner Liebe und gestärkt durch seine Gnade und seinen Segen.

Ausgabe 15.10.2021: Dienend unterwegs

An diesem Sonntag beginnt das Markusevangelium wie folgt: „Da traten Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, zu ihm und sagten: Meister, wir möchten, dass du uns eine Bitte erfüllst. Er antwortete: Was soll ich für euch tun? Sie sagten zu ihm: Lass in deiner Herrlichkeit einen von uns rechts und den andern links neben dir sitzen! Jesus erwiderte: Ihr wisst nicht, worum ihr bittet.“

Hier versuchen zwei Jünger sich einen Platz zu sichern und das hinter dem Rücken der anderen zehn. Jene reagieren später verärgert, als sie davon erfahren. Jesus wird hier bewusst, dass seine Jünger noch sehr falsche Vorstellungen von ihm und dem von ihm vermittelten Gottesbild haben. Seine Antwort lautet: „Ihr wisst nicht, worum ihr bittet.“

Während die Jünger die Vorstellung haben, zu Seiten eines Herrschers zu sitzen, kehrt Jesus diese radikal um, indem er sagt: „Bei euch aber soll es nicht so sein, sondern wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein.“

Bei Gott geht es um das Dienen: Jesus ist nicht in die Welt gekommen, um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen, ja einen unermüdlichen Dienst an den Menschen zu tun. Die grenzenlose Liebe zu den Menschen trägt Gottes Handeln, welches soweit geht, dass er den Menschensohn in die Welt schickt, „um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele.“

Zur Zeit Jesu bedeutete „Lösegeld“ im jüdischen Denken, dass ein Täter die Folgen für seine Tat tragen musste: Hatte dieser jemandem z.B. einen körperlichen Schaden zugefügt, musste er für seine Heilung aufkommen, sich kümmern. Dieses Denken ist uns heute ebenfalls nicht fremd.

Jesus stellt den weltlichen Vorstellungen eine neue Lebensordnung gegenüber: Sie ist in dem Wort „dienen“ zusammengefasst und beinhaltet eine vorbehaltlose Liebe.

Ein solcher Weg beinhaltet auch Leid, was Jesu Leben uns vor Augen geführt hat. Es sind dies Erfahrungen von Ablehnung, Undank, Gleichgültigkeit, Ausgenutzt-Werden u.v.m., die einem Gutsein und liebevollem Handeln im Weg stehen. Andererseits gibt es da die Momente, wenn unsere Liebe anderen wohltut, Freude in anderer Leben bringt und glücklich macht. Die Liebe vermag Wunden - auch jene, die bereits alt sind - zu heilen und einen festen Blickwinkel aufzubrechen und zu verändern.

Möge uns Jesus eine Kraft und Mut zum Dienen und zur Nachfolge geben.

Ausgabe 20.08.2021: „Worte des Lebens“

Der Evangelist Johannes berichtet von den Wundertaten Jesu, der durch diese eine große Anhängerschaft um sich sammeln konnte. Diese hatte erfahren, wie Jesus mit fünf Broten und zwei Fischen eine große Menschenmenge speisen konnte. Doch nun bezeichnet sich Jesus als das Brot des Lebens. Brot, das vom Himmel herabkommt und für denjenigen, der es isst, das ewige Leben bedeutet. Dies ist für seine Anhängerschaft zu viel. Sie können damit nichts anfangen, sind irritiert und murren. Es folgt unter der Anhängerschaft ein Abstimmen mit den Füßen. Viele wenden sich ab und verlassen Jesus. Doch Jesus nimmt seine Botschaft nicht zurück und er beschwichtigt nicht.

Schließlich fragt er die zwölf Jünger: „Wollt auch ihr weggehen?“ und Simon Petrus antwortet ihm stellvertretend für die anderen: „Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens.“

Auch wir heute brauchen „Worte des Lebens“. Gerade jetzt in einer Krisenzeit, die die Gesellschaft in vielerlei Hinsicht zu spalten droht, Ängste geschürt werden und es zu Ausgrenzungen kommt, sind Worte nötig. Es können Worte sein, die uns aus dem Alltagstrott reißen und uns beruhigen, sie können uns herausfordern oder uns etwas zumuten. Worte können uns in Un-Ruhe versetzen – sie können lebendiger machen.

Worte des Lebens bekommen wir geschenkt, wenn sie zu uns gesprochen oder uns geschrieben werden, wenn sie uns ins Auge springen in einem Text usw.

Manch ein „Wort des Lebens“ kann für uns persönlich so wichtig werden, dass wir es in unserem Innersten bewahren oder es aufschreiben und es einen besonderen Platz erhält. Es kann aber auch eine Spruchkarte sein, die uns anspricht und zum Halt in schweren Zeiten für uns werden kann.

Viele „Worte des Lebens“ finden wir in der Bibel und es lohnt sich, sie einmal aufzuschlagen. In all diesen Worten seien sie aus der Bibel oder von einem lieben Menschen, will Gott uns ansprechen. Er will uns Mut zum Leben machen.

Mögen wir in dieser Zeit, die so viel Ungewissheit mit sich bringt und in Zeiten, in denen wir Gottes Nähe nicht spüren oder meinen, dass wir sie nicht spüren, Gott treu bleiben. Er will uns mit „Worten des Lebens“ nahe sein.

Ausgabe 23.07.2021: Jeder kann zum Wunder beitragen

An diesem Sonntag steht die Speisung der Fünftausend im Mittelpunkt. Ein Ereignis, das in allen vier Evangelien Eingang gefunden hat. In diesem Jahr lesen wir den Text aus dem Johannes-Evangelium, in dem Jesus den Jünger Philippus fragt: „Wo kaufen wir Brot, damit diese zu essen haben?“ Philippus überschlägt die Menschenmenge und rechnet sehr schnell den Geldbetrag aus, der dafür benötigt würde. Doch dieser Betrag steht nicht bereit.

Stattdessen steht ein Junge mit fünf Gerstenbroten und zwei Fischen im Zentrum des Evangeliums. Er ist bereit zu teilen, etwas von seinem kleinen Besitz abzugeben. Mit diesen kleinen Gaben setzte er den Ausgangspunkt für das Wunder.

Johannes berichtet weiter, dass Jesus die Brote und Fische nahm und ein Dankgebet sprach, bevor r selbst Brot und Fisch austeilte.

Die Anwesenden deuteten das Handeln Jesu und sahen in Kenntnis der Schrift Jesus als den großen endzeitlichen Propheten, auf den sie warteten.

Bevor Jesus die Gaben austeilte, sprach er ein Dankgebet – er wandte sich seinem Vater im Himmel zu. Auch wir sollen uns auf den Vater im Himmel ausrichten und uns dann unserem Nächsten zuwenden, wie Gott selbst es tut.

Angesichts der für viele unserer Mitmenschen schweren vergangenen Wochen, die uns das Unheil von Wassermassen vor Augen geführt haben, tauchen Fragen auf: Wie kann ich mit meinen geringen Mitteln etwas ausrichten?

Wäre der kleine Junge damals mit seinen Gaben nicht vorgetreten, wie wäre die Speisung wohl verlaufen?

Jeder von uns hat Fähigkeiten und Talente, die eingesetzt werden können für andere. Es braucht oft nur Mut, dieses zu tun und über den eigenen Schatten zu springen.

Jesus befähigt uns Brot für andere zu werden, so wie Er es für uns wurde. Vieles kann geschehen, wenn wir ein Miteinander und Füreinander pflegen, Solidarität üben und für unser Gegenüber da sind. Dies kann in vielfältigster Weise geschehen und hier kommen unsere Talente zum Vorschein – ein jeder Mensch, so wie er kann – und alles fügt sich zu einem Ganzen und wird zum Segen für alle.

Jesus wird seinen Segen über dieses Tun sprechen, und durch jeden von uns kann Wunderbares geschehen.

Ausgabe 25.06.2021: Gott ist gütig“

Am 24. Juni war der Johannistag, der an die Geburt Johannes des Täufers erinnert.

Wer war dieser Mann? Johannes war ein älterer Cousin von Jesus und gehörte einer Erneuerungsbewegung des Judentums an. Er war eine streitbare Persönlichkeit und dem Evangelisten Lukas so wichtig, dass er über sein Leben berichtete: die Ankündigung seiner Geburt und seine öffentliche Tätigkeit, die mit Anfang 30 begann. Johannes rief zur Umkehr und Buße auf, predigte vom Kommen des Reiches Gottes, mahnte und prangerte Missstände an, wurde ins Gefängnis geworfen und für sein kompromissloses Eintreten im Dienste Gottes enthauptet. Johannes kann mit „Gott ist gnädig“ übersetzt werden. Eines Tages war Jesus unter den Taufbewerbern und Johannes erkannte in Jesus den Messias, den Gesandten Gottes.

Früher war der Johannistag noch stärker im allgemeinen Bewusstsein. Johannes sagte: „Er (Jesus Christus) muss wachsen, ich aber geringer werden.“ (Joh 3,30).

Die Aussage wurde wie folgt gedeutet: Die kürzeste Nacht und den längsten Tag gibt es wenige Tage vor dem 24. Juni. Von da an kehrt sich dies um. Die Tage werden kürzer und die Nächte länger, bis es dann am 25. Dezember umgekehrt ist. In diesem Zusammenhang erhält seine Aussage eine neue Dimension: Johannes wird geringer, er bereitet den Weg für den Messias, der an Weihnachten das Licht der Welt erblickt. Durch seinen Namen „Gott ist gütig“ wurde Johannes an Gott erinnert, was ihn formte und prägte.

Wenn wir uns an Gott erinnern, an seine Güte und seinen Willen, werden auch wir durch unseren Glauben an Jesus herausgefordert, uns prägen und formen zu lassen.

Wir sind eingeladen, uns auf den Weg zu machen. Durch das Hören des Wortes Gottes und das Eintauchen in seine Gnade werden wir gestärkt, können uns verändern lassen und wie Pilger in Anlehnung an den Täufer mit der Frage zurückkehren: Wie lasse ich mich von Gott prägen und formen? Wie gehe ich mit meinem Gegenüber um? Gehen wir durch unseren Alltag offen für Gottes Willen und gestärkt durch seine Gnade und seinen Segen.

Ausgabe 30.04.2021: In Christus verwurzelt

Bei einem Gang durch den Garten oder auch in die nähere Umgebung können wir derzeit fast täglich Veränderungen sehen. Von Weitem erkennen wir die blühenden Obstbäume in ihrer Pracht.

Anders ist es bei dem Weinstock im Garten oder in den Weinbergen. Da muss genauer hingesehen werden, will man die zarten Knospen vom über Winter getrockneten Holz unterscheiden.

Jesus spricht in den johanneischen Abschiedsreden von sich als dem „wahren Weinstock“ (Joh 15,1-8). Er greift das Bild vom Weinstock für die Zuhörenden auf, um Wesentliches über das Leben mit Gott zu sagen. In dem Gleichnis begegnen uns der Weinstock, die Reben und der Winzer.

Jesus sagt: „Ich bin der wahre Weinstock und mein Vater ist der Winzer“ und einige Verse später „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht“.

Der Weinstock – verhaftet im Boden – ist die Lebensquelle für die Reben. Sie erhalten durch ihre Verbindung mit ihm wichtige Nahrung, um reiche Frucht bringen zu können. Abgestorbene Reben haben die Verbindung zum Weinstock verloren.

Jesus bezeichnet uns als die Reben seines Weinstocks, die um die Pflege und Sorge des Winzers wissen sollen. Des Weiteren sollen wir in Jesus Christus bleiben und auf sein Wort hören, da er die Quelle des Lebens und der Energie ist. Es ist an uns, die Verbundenheit mit ihm zu pflegen, aber auch die Verbundenheit untereinander.

Diese Verbundenheit derzeit zu pflegen, verlangt uns Manches ab. Dennoch können wir immer wieder staunen über die Ideenvielfalt und Kreativität mit der Menschen versuchen, Kontakte zu ihren Nächsten zu halten.

Somit erfüllen sich Jesu Worte, wenn er sagt: „Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht.“

Jesus lädt uns ein, die Beziehung zum ihm als dem Auferstandenen zu vertiefen und dem Heiligen Geist für sein Wirken mehr Raum in unserem Leben zu geben. Davon werden wir selbst aber auch unsere Mitmenschen profitieren.

Gottes Segen und bleiben Sie gesund!